Peter von Aspern: Zum einen ist es auch hier so, dass dieser ganze RPA Markt rasant wächst. Es gab jetzt wohl in diesem Coronajahr ausgerechnet eine gewisse Verschnaufpause im Wachstum, aber Gardner sagt, dass im Jahr 2021 das weltweite Marktvolumen bei fast 2 Milliarden Dollar liegen wird. Das sind 20 Prozent mehr als in diesem Jahr. Gardner glaubt, dass bis zum Jahr 2022 90 Prozent der internationalen Konzerne bereits RPA in irgendeiner Form eingeführt haben werden. Das ist auf jeden Fall eine Zahl, die die Relevanz des Themas nochmal unterstreicht. 90 Prozent der Konzerne werden das entsprechend in zwei Jahren im Einsatz haben. Das Spannende sind natürlich die treibenden Themen. Das ist zum einen die Prozessqualität, dass man Prozesse massiv beschleunigen kann. Es gab ein schönes Beispiel von O2. Die haben als Telefonanbieter ja ganz viele Routineprozesse, zum Beispiel, wenn jemand eine neue SIM-Karte bestellt hat und die aktiviert. Da muss dann im Backend die Rufnummer der alten SIM-Karte auf die neue übertragen werden. Das war zum Teil wirklich ein menschlicher Prozess. Das hatte zur Folge, dass es aus Kundensicht einfach unerträglich lange gedauert hat und man ein, zwei Tage vielleicht nicht erreichbar war. Solche Dinge passieren jetzt eben nicht mehr, weil RPAs dafür eingesetzt werden. So etwas ist jetzt in wenigen Minuten erledigt und das pro Zeiteinheit quasi unbegrenzt, weil es eine skalierbare Softwarelösung ist. Das ermöglicht damit auch erhebliche Leistungssteigerungen im Bereich Service. Das ist sicherlich ein relevanter Faktor. Ansonsten ist es natürlich auch so, dass solche Anwendungen in der Vergangenheit eher größeren Konzernen vorbehalten waren, weil sie auch hier ein gewisses Knowhow im Bereich IT erfordern. Inzwischen ist es aber so, dass solche RPA Lösungen von vielen Unternehmen als IT-Leistungen angeboten werden. Im Grunde kann inzwischen jedes mittelständische Unternehmen solche RPAs bei sich einsetzen. Das macht dieses Thema aktuell auch so spannend. Im B2B Sinne gesprochen macht es das fähig für den Massenmarkt.
Sebastian Metzner: Es ist ja auch eine unheimliche Breite. Von Bezahlvorgängen, über Einkaufsprozessen, bis hin zu HR-Prozessen ist es eine sehr mannigfaltige Anwendungsfläche, die da existiert. Ich glaube aber schon, dass du eine große Anzahl von diesen Routineprozessen in einer gewissen Häufigkeit brauchst, damit es sich auch rentiert. Frag mich nicht nach einer konkreten Größe, aber ich glaube schon, dass die in einem relevanten Maß vorhanden sein müssen, damit sich die Analyse und Automatisierung dieser Prozesse nachhaltig lohnen. Auch die Anpassung, die dort immer wieder nötig ist, verschlingt ja Geld. Die reine Kostenersparnis hängt schon mit der Losgröße zusammen, wie viele manuelle Schritte du machst.
Peter von Aspern: Ja, natürlich.
Sebastian Metzner: Davor darf man die Augen nicht verschließen. Es redet sich immer leicht von Einsparungen. Wer diese Prozessautomatisierung begleitet hat, weiß, dass es viel Hands-on und Individualarbeit ist, die auch einen größeren Kostenblock verschlingt.
Peter von Aspern: Ja, absolut. Das ist völlig richtig. Du als unser CM Profi weißt das ja. Tatsächlich ist es auch so, dass man andersherum gesprochen, gerade im Innovationskontext, immer auch sehen muss, dass es um Kostensenkungspotentiale geht. Es kann ja wirklich die Aufgabe von Innovation sein nach innen zu wirken und durch neue Technologien und Verfahren Kosten dramatisch zu reduzieren, um einfach auch wieder Kapital für Innovationen frei zu machen. Auf der anderen Seite ermöglichen solche Lösungen aber auch neue spannende Kundenservices. Das sind beispielsweise Dinge, die vormalig unter dem Einsatz von menschlichen Akteuren, finanziell gar nicht darstellbar gewesen wären, weil sie in der Umsetzung einfach viel zu teuer gewesen wären. Da gibt es sicherlich viele spannende Potentiale, wo man eben wirklich auch nach vorne gedacht neue Services, die sonst gar nicht finanzierbar gewesen wären, entwickeln kann. Noch ein anderes Beispiel, was mir gerade einfällt, ist, dass es beim iPhone, ich sage iPhone, weil ich mich mit Android nicht so gut auskenne, eine App gibt, die "Kurzbefehle" heißt. Diese App ist schon vorinstalliert und du kannst, ähnlich wie bei RPA, Abläufe programmieren, die dein Handy dann ausführt, wenn bestimmte Konditionen erfüllt sind. Mein Handy deaktiviert morgens um 6.30 Uhr zum Beispiel automatisch den Flugmodus. Das ist ein Beispiel für eine RPA Lösung. Man kann dann noch viel komplexere Sachen bauen, zum Beispiel: Gehe aus dem Flugmodus, check das Wetter, schick mir eine E-Mail mit dem Wetterbericht und all meinen Kalendereinträgen von heute. So etwas kann man sich damit bauen. Das nur mal so als Beispiel, damit man mal ein Gefühl dafür bekommt, was das eigentlich technisch ist. Gibt es das bei Android auch?
Sebastian Metzner: Ja, da gibt es den sogenannten "Schlafmodus". Da kann ich dann genau definieren, dass er zu bestimmten Zeiten den Bildschirm beispielsweise auf schwarz, weiß stellt, damit deine Augen nicht so strapaziert werden, oder dass er nach einer gewissen Zeit in den Flugmodus schaltet. Das geht alles automatisch, aber das ist eher unter einem Well-Being-Kontext eingebaut. Ich weiß auch von Alexa, dass es da diese Routine gibt, die du gerade erwähnt hast. Komplexe Abfolgen kann man dort ganz einfach erstellen. Ich wollte fast programmieren sagen, aber damit hat es ja nichts zu tun. Ansonsten "if this than that", so ein wirklicher Service, der auf Basis dieser unterschiedlichen Workflows und Routinen gegründet worden ist mit jeder Menge APIs für sämtliche Services. Das ist natürlich so ein bisschen die Urmutter dieser RPAs auf Consumer Ebene. Es ist aber sehr interessant. Vielleicht nochmal zum Abschluss dieser drei Innovationsfelder: Wir merken, dass es von unserem ersten Thema, procurement as a platform, über das Thema hybrid services bis hin zum Thema RPA, drei digitale Innovationsfelder sind. Alle greifen ein Stück weit ineinander, sind fast anschlussfähig und betonen einen gemeinsamen Nenner. Lass uns da zum Abschluss den Hörern noch ein paar Tipps, was im Umgang mit Innovationsfeldern noch beachtet werden sollte, mitgeben.