Peter von Aspern: Ja, genau. Im Grunde geht es darum, das Buch heißt Invincible Company und da geht es darum, dass man in Unternehmen zwischen zwei Modi unterscheiden muss. Also zum einen eben der Modus Exploid, wo es nur darum geht, dass aktuell bestehende Kerngeschäft einfach bestmöglich zu fahren, da natürlich auch das Maximale rauszuholen und den maximalen Kundennutzen zu stiften. Und gleichzeitig neben diesem funktionierenden Corbusiness musst du eben auch so einen Bereich aufmachen, der da Explore genannt wird. Und das ist im Grunde auch nur das, was wir eben im Rahmen des Portfoliomanagements mit diesen Innovationsfeldern beschrieben haben, dass du einfach ganz bewusst Räume aufspannst, indem du es zulässt, dass da eben unter kontrollierten Bedingungen Experimente stattfinden. Dass da eben auch Personal, wie gesagt, und Budget zur Verfügung steht, um entsprechend in systematisch ausgesuchten Feldern, wohlgemerkt eben auf Basis des Trendmanagements, beispielsweise da auf Themen setzt und entsprechend versuchst, da mit neuen Ansätzen erfolgreich zu werden. Und sobald das eben gelingt, kommen die hoch in diesen Exploid-Modus, werden entsprechend hochskaliert und dafür hat meistens diese Cor-Organisation auch genau die richtigen Werkzeuge und Fähigkeiten, um entsprechend auch neue Dinge groß zu machen. Und im Großkaliber in den Markt reinzubringen. Das können solche Kernorganisationen meistens sehr gut. Aber was sie eben nicht so gut können aufgrund der eben schon ausführlich dargelegten Abwehrreaktionen ist, genau eben diese Spielräume für Neues entsprechend zuzulassen. Deshalb musst du dir das bewusstmachen und dafür eben auch diese Leitplanken setzen, wie eben die Innovationsfelder.
Sebastian Metzner: Genau, und warum ich darauf komme, ist dieses Thema Stakeholder-Management, weil du natürlich auch unterschiedliche Charaktere vielleicht in diesem Modus beschäftigst. Also Augen quasi so ein bisschen bei dem ganzen Thema auf Staffing und Recruitment, weil ich glaube, es natürlich eine Fülle von Mitarbeitern gibt, die eher zu den Bewahrern, zu diesen Menschen gehören, die eher Ordnung, Struktur und auch Kontingenz ganz klar bevorzugen. Und die eher vielleicht zum Ausbau des Kerngeschäfts, zum inkrementellen Bereich unterwegs sind. Und vielleicht eher diese chaotisch-kreativen Menschen, ohne das jetzt zu stereotyp zu machen, sich ein bisschen mehr in dem anderen Modus zu Hause finden. Und da musste ich gerade so ein Stück weit denken, weißt du, wenn es darum geht, welches Dekoder innoviere ich wann, wie muss das Top-Management geführt werden und wo suche ich mir meine Innovationsadvokaten. Das sollten nicht die Antagonisten sein, die sagen, nein, das mache ich niemals. Da muss ich schon auf der Trage hier rausgetragen werden, dass ich das mache. Das sind diese typischen Antagonisten. Natürlich hast du da eine Gaußsche Glockenkurve, eine Verteilung auch ganz, ganz rechts von Menschen, die vielleicht in einer Organisation arbeiten, die Dinge nicht gut finden. Deswegen dieses ganze Thema Stakeholder-Involvement. Wir hatten es vorhin schon gesagt. Ein weiterer Lösungsansatz, den wir hier nochmal ins Spiel bringen können, ist, dass man schon eine agile Innovationsstrategie fährt, die in Iterationen vonstattengeht und die sich ganz, ganz klar am Wo orientiert. Das haben wir in der letzten Folge mit dem Thomas ein Stückchen weit herausgearbeitet. Das sind diese Playingfields of innovation, dass man im Grunde bei der Innovationsstrategie am stärksten sich darauf fokussieren sollte, wo will ich innovieren als Unternehmen und dass die Antwort im Grunde die Innovationsfelder sind. Und die Innovationsstrategie kurz gesagt die Summe der Innovationsfelder ist, die ich im Unternehmen etablieren muss. Das ist quasi ebenfalls ein Lösungsansatz, den wir immer wieder empfehlen würden, eine agile Innovationsstrategie einzuführen. Genau, im digitalen Leer, Peter, habe ich mir hier noch aufgeschrieben. Was ist darunter zu verstehen?
Peter von Aspern: Da geht es natürlich auch darum, entsprechend diese ganzen Dinge, die wir eben aufgezählt haben, einfach intern sichtbar verfügbar zu machen. Und auch durch digitale Tools den Mitarbeiter:innen und Stakeholdern die Möglichkeit zu geben, daran teilzuhaben. Und das Ganze eben nicht als One-way-Kommunikation zu gestalten, sondern eben auch diesen Austausch durch digitale Tools zu forcieren. Das ist sicherlich ein ganz wichtiger Aspekt, eine gute Infrastruktur zu haben. Und ein weiterer Aspekt, der mir jetzt gerade noch in den Sinn kommt, ist, dass du natürlich einfach auch so dieses Know-how und Skills brauchst, um entsprechend neue Dinge tatsächlich systematisch zu entwickeln. Das kannst du schön im Rahmen von Brakemanagement machen. Aber dass du natürlich Erfahrungen brauchst, wenn es darum geht, zum Beispiel irgendwie Pieces zu bauen, Prototyping zu machen, Dinge an Kunden dann zu verproben. Das sind immer Dinge, die dann hinten raus, wenn du in der Umsetzungsphase unterwegs bist, natürlich auch einfach nochmal wichtige Faktoren sind. Also im Grunde diese ganzen Skills, wenn man so will, was man braucht vom Trendmanagement. So die Fähigkeit, Trends systematisch zu erkennen, intern zu bewerten, daraus Innovationsfelder abzuleiten. Das ist eher so die strategische Ebene, die wir eben tatsächlich beleuchtet haben. Wo du da auch die relevanten Fähigkeiten absolut brauchst. Aber hinten raus natürlich in der Umsetzungsphase, wo du auch solche Erfahrungen darin brauchst, systematisch neue Dinge am Markt zu testen. Und diese Explorationsphase gut hinzukriegen. Dass du diese Kundenbedarfe auch entsprechend-.
Sebastian Metzner: Validierst.
Peter von Aspern: Absolut, genau, validieren. Das ist genau das richtige Stichwort.
Sebastian Metzner: Tools haben natürlich auch eine gewisse prozentuale Charakteristik. Sie formalisieren auch deinen Prozess sehr, sehr gut, sie streamlinen ihn sehr gut. Zeit- und ortsunabhängig können gerade Kollegen aus dem Remote-Office natürlich gut darauf zugreifen. Du bist damit eigentlich gut aufgestellt. Also für mich gibt es ehrlich gesagt keinen Grund, irgendwie auf Innovationstools zu verzichten, weil sie heute, gerade auch jetzt nach der Corona-Zeit, ein unheimlich wichtiges, fast schon Betriebssystem sind, auf dem so eine Unternehmung laufen sollte. Und deswegen glaube ich ehrlich gesagt, ganz, ganz stark daran, dass Innovationstools nochmal so ein ganz, ganz wichtiger Hebel sind. Und wenn man ein gutes Tool implementiert hat, was natürlich auch gut gemacht sein muss. Auch hier können viele Abwehrreaktionen auftauchen, das nutze ich nicht, warum sollte ich mich da einloggen, ist ja noch mehr Arbeit. Also das sind auch wieder solche Abwehrreaktionen. Aber wenn das gut gemacht ist, dann hilft das, glaube ich, sehr, sehr viel. Wie immer liegt es daran, wie man es macht. Und nicht, was man macht. Das ist nochmal so ein bisschen der Punkt. Wichtig finde ich noch in dem Zusammenhang als weiteren Lösungsansatz ist das Denken in frühphasigen Kennzahlen. Also es braucht quasi diese richtigen fixen Orientierungspunkte. Wenn man Innovationsprojekte, auch strategische Innovationsfelder bewertet, immer ist es die Frage, was für eine Metrik lege ich da eigentlich an und das darf halt nicht unbedingt die Rentabilität sein oder solche typischen Lagging-Indicators, die lange nachlaufen, wo ich dann im Nachgang sehe, dass das mal erfolgreich war. Wir hatten das thematisiert in der Folge mit der Kristin, dass man natürlich auch hier die richtigen KPIs installieren muss, um einfach auch Erfolge in diesen Frühphasen optimal zu messen und zu definieren. Weil umso besser man das macht, desto positiver wird das natürlich auch in der Unternehmung, in der Organisation aufgenommen. Weil einfach gewisse Dinge, die erstmal reifen müssen, auch als Erfolg empfunden werden und nicht, Peter, dieses Fehlerkulturthema so hochschwappt.
Peter von Aspern: Ja, absolut. Und da geht es, wie gesagt, darum, im Sinne von KPIs, eben auch, wenn man jetzt auch prozentual beispielsweise denkt, vielleicht zum Beispiel die Anzahl der Experimente als KPIs zu haben. Um nur ein Beispiel zu nennen, weil da gibt es ja auch, ich weiß gar nicht, wer das gesagt hat, da gibt es so ein gutes Zitat von einem großen Erfinder. Wahrscheinlich war es Thomas Eddison. Von dem kommen ja alle die Zitate in dieser Richtung. Der mal, glaube ich, gesagt hat, er hat zehntausend Wege entdeckt, wie man eine Glühbirne nicht baut. So ungefähr, sinngemäß. Und insofern können solche vermeintlichen Fehlschläge eben durchaus Teil eines Plans sein, beziehungsweise gehören auch dazu. Und das muss man eben auch bei diesen KPIs natürlich berücksichtigen. Aber man kommt eben dem Ziel nicht näher, wenn man sagt, wir lassen gar keine Experimente zu. Sondern man kann eben auch solche Ziele haben wie, wir konzipieren fünf Ansätze und führen x Kundengespräche durch, um diesen Ansatz zu validieren. Und natürlich kann dabei auch rauskommen, dass keiner dieser Ansätze, die man sich erdacht hat, funktioniert. Dann hat man sie eben negativ validiert und weiß, dass man sich entsprechend dann neue Ansätze überlegen muss. Und das ist dann ja auch ein Erfolg, weil man wieder ein Stück weitergekommen ist und weiß, was nicht funktioniert. Und deshalb schließen sich an der Stelle auch so ein innovatives Mindset und KPIs in keinster Weise aus. Weil das kann man ja schnell denken. Ich habe das am Anfang auch so ein bisschen gedacht. Aber Kristin hat da in der Folge sehr schön mit diesem Vorurteil tatsächlich aufgeräumt. Ein weiterer spannender Punkt ist, dass man natürlich auch nicht alles alleine machen muss. Auch als Unternehmen nicht alleine machen muss. Es gibt viele große Challenges für Unternehmen, auch für die Gesellschaft, die man als Einzelorganisation kaum noch bewältigen kann. Und da kommt dann der Punkt zum Tragen, auch mal in Innovationsökosystemen tatsächlich zu denken. Also eben auch seine Lieferanten und Kunden mit einzubinden, aber möglicherweise eben auch Unternehmen aus ganz anderen Branchen mit einzubeziehen ist eine Überlegung. Dass wir dann eben ein sogenanntes Cross-Innovation-Ökosystem haben, wenn ich das Ganze branchenübergreifend betrachte. Und ja, wenn das wen interessiert, dann können wir schon mal als sneak-peak sozusagen die nächste Folge mit unserem Ziel sehr ans Herz legen. Nämlich genau zu diesem Thema Cross-innovation-systems mit uns in der nächsten Folge.