Sebastian Metzner: Ja, du hast im Vorgespräch so ein bisschen auch den Begriff der Renaissance, der Trendforschung so in den Mund genommen, Peter, nicht. Wir können ja darauf gleich noch einmal so ein bisschen eingehen, weil also wir beide sind schon mehr als zehn Jahre jetzt in dem Bereich der Trendforschung unterwegs. Und in diesen zehn Jahren hat sich aus meiner Sicht schon ziemlich viel verändert, weil wenn wir uns noch einmal so ein bisschen hineindenken, so in diese Welt der Trendforschung, vor zehn, fünfzehn Jahren, dann war es ja in der Tat so, dass diese Trendwelt, diese Trendkarten, diese Trendmaps überschaubar waren. Es standen vor allen Dingen immer die Megatrends oben. Und das waren im Grunde eigentlich fast immer die gleichen. Nicht, das war denn so ein bisschen die konnte man auswendig, und die konnte man durch deklinieren, hoch und runter. Und damit hatte sich das auch dann so ein bisschen. Wenn man das heute noch einmal so in die Jetztzeit, in die Gegenwart versetzt, dann gibt es ja an jeder Ecke, an jeder Internetecke gefühlt Trendinhalte unterschiedlichster Art, also es ist so eine Explosion noch über das Content-Thema gekommen. Und das unterscheidet schon ganz, ganz stark von früher, nicht. Es ist auch, die Dynamik hat extrem zugenommen. Früher gab es wenig Dynamik. Also immer gleich fünfzehn Trends wurden da eigentlich nur hin und her geschoben, ganz vereinfacht ausgedrückt. Heutzutage hast du eine Vielzahl von Hypes und Fads, von Disruptionen, von extrem hoher Dynamik, so. Das ist ebenfalls so ein grundsätzlicher Unterschied, warum man eigentlich heute diese Trendmaps mehr denn je so braucht, im Prinzip. Früher war alles gut voneinander getrennt, nicht, wie in so einem Setzkasten. Du konntest die Sachen gut auseinanderhalten. Es gab wenig Überschneidungen, heute extrem hoher Vernetzungsgrad, gefühlt, hängt alles mit allem zusammen, bewegst du den Stein A, kommt auch Stein B ins Rollen. Die Interdependenzen, von denen du sprachst, die sind echt groß. Also das hat ebenfalls noch, in den letzten zehn Jahren, stark zugenommen. Der letzte Punkt ist, glaube ich, dass, früher waren die Sachen für mich, gefühlt, einfacher zu verstehen, so, weil sie einfach gesellschaftlicher waren. Heute hast du in fast allen Trendphänomenen einen hohen technologischen Anteil. Und das ist ein bisschen wie eine Blackbox, da durchzublicken. Das ist auf jeden Fall ein bisschen schwieriger als früher. So, geht dir das auch so, Peter? Vielleicht nimmst du uns noch einmal mit, in diesen Begriff der Renaissance, nicht, so in diesem Gegensatzpaar, das ich jetzt so ein bisschen gegenübergestellt habe. Warum kommt die Trendforschung und diese Maps eigentlich wieder so stark zurück?
Peter von Aspern: Ja, im Grunde, du hast auf jeden Fall völlig recht, also früher gab es ja auch so bestimmte Akteure, die ja ganz stark für dieses Thema, Trendforschung, standen, ja, so ein bisschen auch diese Gurus, Matthias Horx zum Beispiel. Der ist dabei geblieben. Der ist noch da. Und dann auch der Wippermann aus dem Trendbüro, war ja damals auch eine ganz wichtige Koryphäe in dem Bereich. Und die haben ja eher, trotz dieser geisteswissenschaftlichen Perspektive diese Wandelphänomene beschrieben, und das stimmt schon, das war irgendwie auch in der Alltagswelt nachvollziehbar. Was man damals auf der Trendebene so beschrieben hat, das war nie so stark technologisch beschrieben. Du hast recht. Dieser technologische Aspekt, der ist viel größer und viel wichtiger geworden. Also das würde ich auch sagen, das hat sich geändert. Und ich denke, das macht ja auch immer in der Managementwelt und in der Unternehmenswelt, da hast du ja auch Trendthemen, also wenn man so will, so Metatrends. Zum Beispiel war, die 80er, 90er Jahre zum Beispiel war ein Managementtrend sicherlich so M & A. Also alle Manager haben irgendwie auf den Businessschools wie Mergers & Acquisitions funktionieren. Und dann haben sie es halt gemacht. Ja, und dann hatten wir auch, so in den 90ern, auch in den frühen 2000ern, da war dieses Thema Trends schon sehr, sehr populär. Vielleicht auch war schon Teil der Popkultur irgendwo, und recht präsent. Und wurde dann aber irgendwann abgelöst, durch dieses Thema der Start-ups und der technologiegetriebenen Innovationen, die dann diese ganzen Themen belagert haben. Und einfach das Wort Innovation und einfach Disruption sicherlich so eines der, im Kontext der Innovationen, der am häufigsten genannten Begriffe war. Und Trends sind da so ein bisschen, so gefühlt, in den Hintergrund gerückt, man hat sich mehr so um das Doing gekümmert. Wie kann man jetzt eigentlich gehen und schnell Start-ups aus dem Boden stampfen? Wie kann ich meinen Konzern selbst wie ein Start-up führen? Es ging alles mehr so in Richtung Agilität, ausprobieren, umsetzen. Und so gefühlt würde ich jetzt auch sagen, dass so seit einigen Jahren das Thema Trends wieder eine größere Rolle spielt, auch das Thema Trendmanagement. Da kommen wir auch noch einmal, später, ein bisschen drauf, was es damit auf sich hat. Das hat an Bedeutung gewonnen, aber auch sicherlich, glaube ich auch, ganz stark dadurch geprägt, dass man jetzt erkennt, dass Trends einfach auch ein total geeignetes Werkzeug sind. Und Trends sind eben auch ein Werkzeug und ein Mittel zum Zweck, um eben diese Komplexität handeln zu können. Und du hast es ja eben beschrieben, dass diese Komplexität, die steigt rapide an, auch durch diese Quervernetzungen, die du eben erwähnt hast, und deshalb glaube ich, dass das auch einer der Treiber ist, warum Trends wieder, ja, Trend werden, wollte ich jetzt gerade schon sagen. Das ist jetzt ein bisschen blöd. Aber im Grunde ist es immer so.
Sebastian Metzner: Das ist quasi so ein bisschen die Renaissance. Aber ich fühle das ehrlich gesagt auch so, dass dieses Verstehen, wie die Dinge zusammenhängen wieder eine größere Bedeutung hat als es das früher hatte. Früher ging es halt wirklich darum schneller ins Doing zu kommen und Ergebnisse zu produzieren. Man hat gemerkt, das bringt nicht die Wirkung, die man sich davon verspricht. Also schnell ausprobieren, zu testen, zu iterieren, weil man immer wieder auf den Punkt zurückgeworfen wird, wie funktioniert es eigentlich. Und wenn ich das nicht von Anfang an verstanden habe, dann kann ich ganz, ganz viele Iterationen drehen, und dann lerne ich, durch Fehler, und das ist halt sehr langwierig. Das hat man jetzt gemerkt. Deswegen vielleicht am Anfang einmal kurz innehalten und die Wirkungszusammenhänge verstehen, und da spielen Trends natürlich eine gute Rolle, weil sie, wie du gerade gesagt hast, die Komplexität extrem reduzieren und die Wirkungszusammenhänge ein Stück weit verständlicher und deutlicher machen, so. (Peter von Aspern: Ja.) Und das ist quasi so ein bisschen das Plädoyer, könnte man fast schon sagen, warum man sich auf jeden Fall mit diesen Trenduniversen, diesen Trendmaps, das sind eigentlich ein Begriff, den man synonym benutzen kann, nicht, warum man sich damit beschäftigen sollte. Und das auf jeden Fall, ja, auch als Einstieg, vielleicht sehen muss in der systematischen Beschäftigung, so mit Trends.
Peter von Aspern: Und wir haben ja jetzt schon ein paar Mal das Wort Trenduniversum oder Trendmap fallen gelassen. Vielleicht nimmst du uns einmal so ein bisschen mit und erklärst einmal so ein bisschen, was genau ist jetzt ein Trenduniversum oder eine Trendmap. Wie kann man sich das, auch vielleicht bildlich, vorstellen?