Sebastian Metzner: Nun ist STIHL ja ein Unternehmen, was natürlich eine lange, lange Tradition hat. Es wurde 1926 gegründet, glaube ich?
Dr. Anja Höft: Ja.
Sebastian Metzner: Trotzdem habt ihr es geschafft, den Kern als Familienunternehmen zu behalten und diese Kultur auch sehr, sehr wertzuschätzen, auf der anderen Seite aber auch superinnovativ zu sein. Vielleicht kannst du uns mal so ein bisschen in diesen Punkt mitnehmen, wie ihr es als Familienunternehmen schafft, innovativ zu sein, und wie sich dieses Thema Familienunternehmertum bei euch auf das ganze Thema Innovation auswirkt.
Dr. Anja Höft: Ich kann es am ehesten vielleicht so begründen, beziehungsweise erklären, wie ich es eben von meinem vorherigen Arbeitgeber Bosch auch sagen würde, ähnlich wie ein Stiftungsunternehmen habe ich den Eindruck, dass wir damit auch eher längerfristig ausgerichtet sind, auch was das Thema Innovation dann eben angeht. Da geht es also eben nicht um den nächsten Quartalsbericht, sondern wir sind einfach in der Lage auch durch das Commitment der Familie, uns Dinge einfach längerfristig anzuschauen und anzugehen. Was ich total schön finde, ist, dass der Familie auch die Mitarbeiter und deren Wohlergehen sehr am Herzen liegt. Wir sind auch ein sehr, sehr großer Ausbildungsbetrieb, das ist total schön. Ich finde, das hat man jetzt in der Coronapandemie auch wieder ganz vermehrt gemerkt, dass es einfach für die Familie auch sehr im Mittelpunkt stand, dass es uns als Mitarbeitern einfach auch gut geht und dass wir da gut durchkommen. Wenn ich das jetzt sozusagen zusammenfasse, habe ich den Eindruck, dass wir Innovationen langfristiger treiben können und wir nicht sozusagen morgen mit Dingen schon auf dem Markt sein oder uns entschieden haben müssen, weil es irgendjemanden am Kapitalmarkt sozusagen gibt, der uns dazu drängt. Und das ist eigentlich ein sehr angenehmes Setting für Innovation.
Peter von Aspern: Das ist ja tatsächlich also auch so das typische Bild, dass man auch immer sagt, dass Familienunternehmen eher in der Lage sind, auch längerfristig zu denken und zu planen allein schon deshalb, weil Familien einfach als Dynastie ja auch für sich längerfristig planen. Aber es ist eben spannend zu sehen, dass sich das auch auf dieses Thema Innovation tatsächlich niederschlägt. Denn wir haben jetzt in der Coronakrise zum Beispiel auch mit vielen Unternehmen gesprochen, und da wurde auch viel darüber geredet, dass natürlich auch viele Unternehmen jetzt Innovationsbudgets gekürzt hatten. Weil sie eben gezwungen waren, kurzfristig Ergebnisse zu optimieren und da großen finanziellen Druck hatten. Kannst du da was zu sagen, wie ihr jetzt so durch die Pandemie gegangen seid, was so eure Innovationsprojektlage angeht? Also konntet ihr da relativ konstant dranbleiben?
Dr. Anja Höft: Wir hatten das Glück, dass wir sehr gut durch die Pandemie gekommen sind. Wir hatten also wirklich Sonderkonjunktureffekte und konnten deswegen eigentlich soweit alles beibehalten, wie es geplant war.
Peter von Aspern: Wir kommen ja nachher nochmal ein bisschen auf das Thema Corona-Impact. Aber lass uns doch mal so ein bisschen bei dem Innovationsthema bleiben, denn du hattest ja eben auch schon beschrieben, wie deine Rolle bei STIHL ist und wie auch dein Team, in dem du unterwegs bist, aufgestellt ist. Was ich immer ganz spannend finde, ist dieses Thema, wie ihr auch unternehmensübergreifend zum Thema Innovation aufgestellt seid, sage ich mal. Da gibt es ja typischerweise immer so verschiedene Modelle oder auch Mischformen. Wie er sagt, du hast eher so eine zentrale Struktur, dass du quasi so ein Innovation Center oder Lab, oder wie auch immer man das nennt, hast, wo quasi wirklich konzentriert von da aus die Innovationsprojekte angeschoben werden. Andere handhaben das eher dezentral, dass man sagt, wir setzen eher auf so inkrementelle kundennahe Innovationen, die wirklich eher so aus diesen Operational Units und Business Units heraus geboren werden soll. Oder man kann das natürlich auch kombinieren. Was würdest du sagen, wie seid Ihr da bei STIHL, was das angeht, aufgestellt?
Dr. Anja Höft: Ich würde sagen, in Summe sind wir eher dezentral aufgestellt, was das Thema angeht, gerade in Bezug auf die Weiterentwicklung der Kernprodukte. Da wird Innovation einfach aus der Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Produktmanagement in enger Abstimmung in einem ganz klassischen Stage-Gate-Prozess, den wir haben wie fast 80 Prozent aller Unternehmen, getrieben. Wir merken aber eben auch, dass wir auch mehr und mehr so Vertriebsinnovationen haben. Die laufen dann entweder wirklich zentral in dem Fachbereich des Vertriebs, aber auch unter anderem in den Vertriebsorganisationen. Eine große Stärke von uns ist, dass wir eben in vielen Ländern Vertriebsorganisationen, also eigene Einheiten, haben, die dann durchaus auch auf regionale Bedürfnisse eben eingehen können und die dann auch regional Innovationen entwickeln können. Ich würde jetzt sagen, für die Digitalisierung ist der Fall ein kleines bisschen anders. Das machen wir dezentral, also wir als Einheit für ganz neue Themen. Deswegen haben wir eben auch den Company Builder. Wir sind da aber tatsächlich ein bisschen in so einer Hybridvariante, würde ich sagen, weil wir natürlich auch die Zentrale bei Themen einfach unterstützen. Wie ich das auch vorher sagte zum Thema Kommunikation, ist Transformation etwas, was das komplette Unternehmen betrifft und nicht eben nur uns als Digitalisierungsbereich. Deswegen versuchen wir, da auch wirklich den Schulterschluss zur Zentrale einfach sehr stark zu halten.