Innovation KPI's mit Kristin Schrepper

Innovation mit KPI's gezielt und besser messbar zu machen, darum geht es in #22 des TRENDONE Podcast. Das Thema beschäftigt nicht nur Innovationsverantwortliche in sämtlichen Branchen, sondern auch unseren Gast, Kristin Schrepper. Als Senior Innovation Advisor weiß sie um den Stellenwert von individuell entwickelten Innovation KPI's:

  • Sind KPIs bereits die Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit von Innovation?

  • Was kann und sollte im Innovationsbereich gemessen werden?

  • Wie finden Unternehmen und Innovationsmanager:innen die richtigen KPIs?

  • Der Mittelweg zwischen qualitativen oder quantitativen Methoden und KPIs

  • Messbarkeitsillusionen, Vanity Metrics und Actionable Metrics

  • Welche klassischen Nachteile sollten beim Messen vermieden werden?

  • Wer sind die richtigen Stakeholder für die Definition von KPIs?

Peter von Aspern
Director Trend Services, TRENDONE Hamburg

Sebastian Metzner
Chief Strategy Officer, TRENDONE Berlin

TRENDONE Podcast Cover #22 Innovation KPI's mit Kristin Schrepper

KPIs müssen auf ein Ziel und eine Strategie einzahlen und als Anzeichen für zukünftige Entwicklungen betrachtet werden.

Transkription Podcast-Episode #22 Innovation KPI's mit Kristin Schrepper vom 31.03.2021 | 55 Min.

Sebastian Metzner: Wir sprechen heute über Innovations-KPIs. Der Grund ist eigentlich ein ganz einfacher, Innovationen haben in Organisationen eine sehr hohe Priorität. Aber leider ist bei vielen Innovationsverantwortlichen noch nicht 100-prozentig klar, wie man sie effektiv erheben, messen und auch controllen kann. Und deswegen fragen wir uns heute, was sind eigentlich die Innovationsmetriken, die auf der einen Seite sehr erkenntnisfördernd, aber auch praktikabel und vor allen Dingen auch nachvollziehbar sind für die Teammitarbeiter und Kollegen. Das haben wir uns für heute vorgenommen.

Peter von Aspern: Über das Thema wollen wir nicht alleine sprechen, sondern wir haben uns eine sehr kompetente Kollegin zu diesem Thema ausgesucht. Wir konnten sie überzeugen heute beim Podcast als Gast dabei zu sein und das ist Kristin Schrepper. Hallo Kristin.

Kristin Schrepper: Hallo, schönen guten Abend. Ich freue mich heute hier zu sein.

Peter von Aspern: Die Freude ist ganz auf unserer Seite. Kristin, du bist bei TRENDONE Senior Innovation Advisor. Du bist schon eine ganze Weile dabei und beschäftigst dich schon seit einiger Zeit mit Innovationen. Stell dich doch am besten kurz vor, damit die Zuhörer ein Bild bekommen, wer du eigentlich bist.

Kristin Schrepper: Danke für die Einleitung. Ich bin jetzt seit über drei Jahren Innovationsberaterin bei Trendone. Ich führe hier Innovationsprojekte und Workshops durch, um mit unseren Kunden an Innovationsstrategien zu arbeiten, auch komplett neue Strategien zu erstellen, ich gebe auch konkrete Handlungsempfehlungen, Maßnahmen zu entwickeln, um dann eben von Trends zu Innovationen zu kommen und unsere Kunden so in die Zukunft zu begleiten. Vor Trendone hat meine Station angefangen als Projektleiterin im E-Commerce, ich habe mich da sehr intensiv mit digitalen Themen beschäftigt. Ich bin dann zu einer internationalen Unternehmensberatung gegangen und war als digitale Transformationsberaterin tätig. Das hat natürlich superspannende Einblicke gegeben. Ich habe mich natürlich damals in den Jahren auch sehr viel mit KPIs noch verstärkt eben im digitalen Bereich beschäftigt. Und jetzt ist das natürlich superspannend die Erfahrung bei Trendone anzuwenden und komplett auf Innovation zu münzen. Man merkt, es gibt da doch einige Unterschiede, auch wenn Innovation bei Trendone bei unseren Kunden sehr viel mit digitaler Transformation zu tun hat, geht man im Bereich Innovation dann doch auch anders mit KPIs um als man das wirklich rein im digitalen Bereich, wie dem E-Commerce oder der Digitalberatung, dann auch tun würde.

Sebastian Metzner: Was uns seit über zehn Jahren im Innovationsbereich begleitet, ist die Frage nach der Wirksamkeit, denn in den letzten Jahren ist die Innovationsbemühung in vielen Unternehmen nicht verdoppelt, aber schon beschleunigt worden. Bei all dem Aufwand, den man sowohl in Personal als auch in Budgets betreibt, ist am Ende immer die Frage geblieben, was bringt Innovation jetzt eigentlich, wie wirksam ist das. Das ist eine größere Frage, die wir immer wieder mitgekriegt haben. Die Frage ist, ist eigentlich KPIs, beziehungsweise ist das Messen von Innovation eigentlich so ein Startpunkt dazu?

Sind KPIs bereits die Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit von Innovation?

Peter von Aspern: Ich glaube, der Punkt, den du gerade zur Relevanz von KPIs angeführt hast, ist durch die Corona Krise nochmal besonders relevant geworden. Weil es natürlich auch um die Wirkung von Innovationsvorhaben gehen muss und auch um die Wirkung von Innovationsmanagement. Wir glauben ganz stark daran, dass dieses Thema nach Corona auch weiterhin an Bedeutung gewinnen wird und dieser Aspekt Wirkung von Innovationsmanagement mehr und mehr in den Fokus rücken wird. Natürlich werden in diesem Zusammenhang auch KPIs eine größere Rolle spielen. Deshalb wollen wir das Thema heute beleuchten und gucken, was sollte eigentlich überhaupt gemessen werden, wie sollte gemessen werden, was sind gute und schlechte KPIs. Auf diese Themen gehen wir gleich näher ein und hangeln uns da entlang.

Die wichtigste Frage ist, was sollte überhaupt gemessen werden und warum?

Kristin Schrepper: Zum einen ist das Hauptproblem vieler Innovationsverantwortlicher, dass Innovationsprojekte meist sehr viel Geld kosten. Es werden viele Ressourcen gebunden. Und je nach Industrie kann dann eben ein Projekt mit mehreren Tausend Euro und einem sehr kleinen Team umgesetzt werden, aber eben auch bis zu einer siebenstelligen Zahl mit einem kompletten Forschungs- und Entwicklungsteam, über mehrere Standorte hinweg richtig stark zu schlagen. Da will man natürlich als Innovationsverantwortlicher sicher sein oder möglichst sicher sein, dass die Bemühungen nicht ins Leere laufen. Genau an dem Punkt sollen dann eben KPIs auch die Sicherheit geben. Erstmal noch zu dem Begriff, das hat mich auch immer so ein bisschen umgetrieben, KPIs, also Key Performance Indicators, werden im Deutschen sehr gerne als Kennzahl übersetzt. Ich finde den Begriff, der im englischen eins zu eins verwendet wird, indicator, also Indikator, sehr viel treffender. Denn Indikator kommt vom lateinischen indicare und bedeutet anzeigen. Und genau das meinen eigentlich KPIs, wenn sie wirklich sinnvoll genutzt werden. Sie sind ein Anzeichen. Sie sind ein Anhaltspunkt für gewisse Entwicklungen in der Zukunft. Es ist ein Anhaltspunkt dafür sich ein Sachverhalt genauer anzusehen. Und so verstanden sind KPIs nicht bloße Zahlen, sondern eben strategische Erfolgsindikatoren. Sie müssen natürlich auch eine ganz einfache Funktion dann erfüllen. Sie müssen den Erfolg überwachen. Sie steuern die Aktivitäten in die richtige Richtung. Sie bereiten Entscheidungen vor und helfen letztendlich auch diese Budgets, die auch mal ins siebenstellige gehen können oder noch höher, auf die unterschiedlichen Innovationsaktivitäten zu verteilen und im Nachgang auch zu rechtfertigen. Aber dabei ist eben immer wichtig sich bewusst zu sein, dass KPIs mehr als nur der Kontrolle dienen sollen. Sie müssen im Einklang mit der Unternehmens- und Innovationsstrategie stehen, sodass man dann auch wirklich hier Abweichungen analysieren kann.

Peter von Aspern: Das erinnert mich so ein bisschen an das Zitat "the map is not the territory". Dass man auch darauf achten muss, dass die KPIs kein Selbstzweck sind, sondern tatsächlich eben Indikatoren für einen Sachverhalt und diesen eben ein Stückweit sichtbarer machen sollen und besser nachvollziehbar machen sollen. Meinst du das so?

Kristin Schrepper: Genau. Also man muss dieses Anzeichen wirklich dann auch aufnehmen und zu deuten wissen. Und das ist dann eben auch die Analyse, die dann folgen muss. Es bringt nichts, dass KPI die Kennzahl einfach nur so da stehen bleibt und man sie vielleicht noch reported und das war es. Sondern man muss sie wirklich aufgreifen, man muss sie hinterfragen und man muss daraus auch konkrete Maßnahmen ableiten, um in die richtige Richtung dann auch steuern zu können. KPIs geben das Ziel vor, das ist schon mal super, dass wir wissen, wo wir hinmüssen. Sie helfen aber eben nicht dabei das Ziel auch zu erreichen, das muss man dann wirklich selber aus eigener Leistung im Hintergrund dann auch machen.

Sebastian Metzner: Also der Kompass in der Hand, der einem beim Navigieren hilft, aber die Karte ersetzt der Kompass nicht und auch nicht die Intuition welche Richtung die richtige ist. Das bringt uns eigentlich schon zur nächsten Frage.

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Im Innovationsbereich ist immer die Frage, was kann oder was sollte sinnvollerweise gemessen werden?

Kristin Schrepper: Häufig gilt bei uns ja immer noch so dieses Kredo "nur was messbar ist, kann optimiert werden und letztendlich auch erfolgreich sein". Das geht ein bisschen zurück auf Galileo Galilei, der damals im sechzehnten, siebzehnten Jahrhundert sagte: "Messen, was messbar ist. Messbar machen, was nicht messbar ist.". Also er sagt wirklich konkret, auch das, was nicht messbar ist, soll dann eigentlich gemessen werden. Dieser Fokus auf all das Quantitative, da habe ich immer wieder das Gefühl, hallt heute noch nach. Also heute gilt einfach als professionell, zielstrebig, erfolgsversprechend, wenn man misst und wenn man messen kann. Und KPIs scheinen dafür wirklich das gegebene perfekte Mittel zu sein. Ich sehe häufig die Gefahr, dass dann eben qualitative Aspekte vernachlässigt werden, weil sie eben doch nicht messbar oder eben nur schlecht messbar sind. Es kann vielleicht mit einer Zahl dann abgebildet werden, aber die Zahl sagt mir überhaupt nichts aus und sie deutet vielleicht im schlimmsten Fall auch noch in die falsche Richtung. Du hast es vorhin auch schon angemerkt, qualitative Aspekte werden heutzutage auch immer wichtiger. Wir leben im Wettbewerbsdruck. Wir leben in exponentiellen Entwicklungen. Und sich hier rein auf quantitative Kriterien zu stützen, reicht heutzutage einfach nicht mehr aus. Es ist unheimlich wichtig auch die qualitativen Aspekte mit einfließen zu lassen. Und hierfür eben auch Methoden zu finden, das tun zu können.

Peter von Aspern: Was du damit sagst, wenn man Benchmarking als Beispiel nimmt, dass er darauf abzielt, dass du auf einen optimalen Zustand hin optimierst. Dass du das Bestehende maximal effizient umsetzen willst. Das klingt total widersprüchlich zum Thema Innovation, weil da geht es ja darum was Neues zu erschaffen, was vorher noch gar nicht da war.

Kristin Schrepper: Wenn du jetzt von Benchmarks sprichst, um damit auch einen qualitativen Aspekt auszudrücken, geht es erstmal nur mehr vor allem auch im sogenannten „Fuzzy Front-End“ darum sich zu orientieren, sich einfach mal zu verorten, wo möchte ich eigentlich mit meiner Innovationstätigkeit vorstoßen, wo möchte ich eigentlich später landen. Es kann natürlich dann auch sein, dass ich über alle Benchmarks hinausschießen möchte und mich überhaupt nicht vergleichen möchte. Es kann aber wirklich eine erste Orientierung geben, wenn ich noch gar nicht sicher weiß, wo ich stehe und wo ich hinmöchte.

Peter von Aspern: Das ist eigentlich interessant. Gerade dann, wenn es darum geht, was Neues zu erschaffen, können Benchmarks eine Hilfestellung sein, um sich erstmal zu orientieren, was eigentlich so möglich ist und was vielleicht auch erste Orientierungspunkte sein können.

Sebastian Metzner: Ich glaube beim Thema Benchmarking ist so eine Art Fetisch entstanden, der darauf abzielt, genau diese Wettbewerbsposition zu erreichen, die Wettbewerber da hatten in unterschiedlichsten Indikatoren. Und diese Selbstähnlichkeit, von der du gesprochen hast, Peter, die ist vielleicht ein Stückweit tödlich beim Innovieren. Denn beim Innovieren geht es nicht darum so selbstähnlich wie ein anderes Unternehmen zu sein und dessen Best in Class-Werte zu erreichen, sondern ganz neue Wege einzuschlagen. Die Frage ist, helfen denn, bei der Frage, was sollte am sinnvollsten gemessen werden, qualitative Kriterien mehr als quantitative?

Helfen bei der Messung der sinnvollsten KPIS eher qualitative Kriterien als quantitative?

Kristin Schrepper: Ich würde jetzt nicht sagen, dass sie mehr helfen. Vielleicht kann man es mal an einem Beispiel verdeutlichen, wenn ich als Unternehmen eine im Vergleich mit anderen Unternehmen gute Time-to-Market KPI habe, heißt das heute noch nicht zwingend, dass mein Innovationsprojekt wirklich erfolgreich sein wird. Vielleicht ist es nachher viel entscheidender, wie hoch die Kundenzufriedenheit mit den neuen Produkten oder Services sein wird. Oder wie das Unternehmen durch die Innovationsaktivitäten am Markt wahrgenommen wird als innovativer als andere oder als weniger innovativ. Da merkt man, da kommen dann sehr qualitative Aspekte mit dazu, die ich dann nicht so einfach mit KPIs, also mit quantitativen Messbaren KPIs, abdecken kann. Und klassische Time-to-Market sagen heutzutage dann nicht mehr alles komplett aus. Und hier ist nochmal wichtig, sich darüber im Klaren zu werden, mit welchen Methoden kann ich denn eigentlich auch qualitative Aussagen mit in die Innovationstätigkeit hineinbringen. Wenn ich noch relativ am Anfang stehe, könnten das vielleicht Pro und Contra Analysen sein, oder eine Innovationsportfoliobewertung, um mir über das Thema und mein eigenes Bedürfnis im Klaren zu werden. Im späteren Prozess können das aber auch A/B-Testings oder Prototypen-Testings sein, um daraus qualitative Aussagen herauszuziehen, vielleicht über die spätere Kundenzufriedenheit oder über den Grad der Innovation, die ich dann am Markt nachher einfahre als Marke.

Peter von Aspern: Wenn wir uns diesen Innovationsprozess anschauen, der typischerweise bei diesem Fuzzy Front-End startet. Wo es eben darum geht, neue Impulse zu zulassen und neue Themen zu entdecken, bis hin zu den Themen, Trends zu erkennen und zu bewerten und sie eben auch in das Unternehmen zu transferieren und eine Ableitung zu treffen und dann über Innovationsfelder hinten raus in die Umsetzung zu gehen. Da stecken ja ganz viele verschiedene Facetten drinnen in so einem Innovationsprozess. Würdest du sagen, dass quasi auch die Art und Weise wie man misst, sich entlang dieses Innovationsprozesses entsprechend auch verändern sollte?

Sollte sich die Art und Weise der KPI-Messung entlang des Innovationsprozesses verändern?

Kristin Schrepper: Ich denke am Anfang kann man wirklich sehr viel mehr mit qualitativen Aussagen handhaben, um wirklich auch seine eigene Position sich erstmal klarzumachen, die Orientierung zu finden. Am Anfang haben wir ja sehr viel mit Ambiguität zu tun, also mit gegensätzlichen Positionen, mit sehr viel Unsicherheit und da helfen dann erstmal qualitative Aussagen, wie zum Beispiel eine Pro und Contra Analyse um mich dem Thema überhaupt zu nähern. Ich denke, je weiter wir dann von dem Fuzzy Front-End in die Innovationsumsetzung, mehr in das Projektmanagement gehen, da werden dann auch handfeste, messbare KPIs umso wichtiger, um dann wirklich auch das Projekt entsprechend aussteuern zu können.

Peter von Aspern: Also umso größer der finanzielle Aufwand, umso größer ist das finanzielle Risiko, umso härter werden hinten raus dann eigentlich auch die KPIs.

Kristin Schrepper: Ja, und vielleicht auch je komplexer die Abhängigkeiten werden. Wenn das Projekt weiter voranschreitet, haben wir schon so viele Verstrickungen miteinander, dass wir hier wirklich an den ganz kleinen Stellschrauben auch drehen können. Und dazu sind dann natürlich diese Frühwarnsysteme mit KPIs sehr willkommen, dass wir frühzeitig feststellen an welchen Stellschrauben wir drehen können. Am Anfang haben wir noch nicht so viele Abhängigkeiten, da geht es eher darum das große Ganze zu begreifen und entsprechend dann Entscheidungen zu treffen. Und wie gesagt, hier sind dann eher qualitative Aussagen zu treffen. Und am Ende, wenn es wirklich um die Feinaussteuerung geht, können da KPIs sehr gut helfen.

Sebastian Metzner: Ich würde mal bei diesem Gegensatz bleiben. Um doch nochmal ein Spannungsfeld aufzumachen zwischen qualitativ auf der einen Seite, was wir die ganze Zeit schon besprochen haben, und auf der anderen Seite die quantitativen Faktoren. Gibt es denn noch Sachen, die auf der soften Ebene unterwegs sind, wo es vor allen Dingen darum geht in den Anfängen des Innovationsprozesses ganz weiche Sachen zu messen, beziehungsweise zu erheben? Ich weiß gar nicht, was das richtige Wort in dem Fall ist, wenn ich quantitative Dinge habe, messe ich die dann überhaupt, das wäre die Frage. Aber gibt es besondere Soft-facts, die am Anfang viel wichtiger sind als am Ende?

Welche Soft-facts sind gerade am Beginn des Innovationsprozesses wichtig?

Kristin Schrepper: Ja, klar. Es gibt einige Soft-facts, die wahrscheinlich teilweise auch etwas vernachlässigt werden, wenn wir eben immer über die Hard-facts im Innovationsmanagement sprechen. Also Hard-facts wären ja in dem Sinne dann, wenn wir von den Renditeergebnissen oder der Wettbewerbsfähigkeit sprechen, die Umsätze, et cetera. Aber die Soft-facts dürfen eben nicht aus den Augen gelassen werden. Das könnte die Innovationskultur sein oder die Arbeitsweise im Unternehmen. Arbeiten wir agil oder sind wir noch ziemlich in Silos aufgebaut. Und wie ist auch die Mitarbeitermotivation gestaltet, vor allem bei den Mitarbeitern, die mit Innovation direkt arbeiten, oder eben dann am Ende die Kundenzufriedenheit. All das sind dann auch Softfaktoren, die sich natürlich auf die Innovationsfähigkeit des Unternehmens beziehen und mitbestimmen, ob eine Innovation letztendlich erfolgreich werden kann oder nicht. Ist die Innovationskultur am Anfang als Rahmen nicht gegeben, wird es sehr schwierig erfolgreiche Innovationen dann auch umzusetzen und auf den Markt zu bringen.

Peter von Aspern: Also du sagst quasi, dass hinten raus, neben diesen harten Umsetzungsrelevanten KPIs, wie beispielsweise einer Rendite, können auch hier durchaus noch qualitative Faktoren, wie eben Lernerfolge, Projekterfahrung, Innovationskultur eine große Rolle spielen, also diese weicheren Faktoren. Wie ist das denn vorne raus in diesem Fuzzy Front-End? Da hattest du ja schon gesagt, dass da natürlich auch qualitative Faktoren die größere Rolle spielen, aber was konkret könnte das denn sein am Anfang des Innovationsprozesses?

Kristin Schrepper: Am Anfang könnten wir uns zum Beispiel auch schon fragen, was wollen wir denn eigentlich von dem Projekt lernen? Gibt es Aspekte, was wir in diesem Projekt lernen wollen? Und das könnte dann eben auch so eine Art Soft-KPI bilden, wo wir sagen, wenn wir das wirklich im Verlaufe des Projektes lernen können, dann hat das Projekt definitiv seine Berechtigung. Oder hilft das Projekt unsere Kultur innovativer und agiler zu machen? Das können dann eben auch Entscheidungsfaktoren für ein Projekt sein das vielleicht auf der Rendite oder Umsatzebene gar nicht so toll aussieht, aber trotzdem sich lohnt gestartet zu werden. Und das sind dann Punkte, die können auch schon ganz am Anfang entschieden werden und Einfluss leisten.

Peter von Aspern: Das ist sehr interessant, weil im Grunde löst das ja auch diesen Widerspruch auf zwischen auf der einen Seite KPI und harte Erfolgsmessung und auf der anderen Seite das Thema Fehlerkultur. Was ja auch im Kontext von Innovation total wichtig ist, dass man auch Fehler zulassen muss als Unternehmen. Im Grunde sagst du damit auch, dass offenes Lernen im Vordergrund steht und natürlich dann Fehler und KPIs gar kein zwingender Widerspruch sein müssen.

Kristin Schrepper: Genau. Wenn man das wirklich richtig verstehen möchte als Unternehmen, dann sind wirklich auch Innovationsprojekte da, nicht nur um eine erfolgreiche Innovation auf den Markt zu bringen, sondern eben aus diesen Innovationsprojekten vielleicht ein anderes Innovationsprojekt vorzubereiten, mit Hilfe des Projektes Lernen, mit Hilfe des Projektes das Team zu motivieren, umzustrukturieren, agiler arbeiten zu lassen. Um damit eigentlich die Grundlage zu schaffen in einem weiteren Innovationsprojekt den großen Erfolg auf den Markt zu bringen. Das bezieht natürlich auch eine Fehlerkultur mit ein, wo ich ganz klar dann als Innovationsverantwortlicher sagen kann, das Projekt scheitert vielleicht letztendlich, es war aber trotzdem erfolgreich, weil wir hier Soft-facts rausziehen konnten, die uns als Unternehmen, die uns als Innovationsabteilung voranbringen.

Innovator's Webinar von TRENDONE mit Senior Innovation Advisor Torsten Rehder

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Wie finden Unternehmen und Innovationsmanager:innen die richtigen KPIs?

Sebastian Metzner: Lasst uns ein stückweit auf die KPIs und auf die Ansätze selbst schauen. Was sind eigentlich die Richtigen? Wie finden Unternehmen, Innovationsmanagerinnen die richtigen KPIs? Kristin, der erste Teil der Frage ist, welche KPIs hältst du denn für die richtigen?

Kristin Schrepper: Ich würde eigentlich gerne andersrum anfangen und erstmal fragen, was sind eigentlich die grundsätzlichen Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen, damit ich sinnvolle KPIs überhaupt aufsetzen kann? Dass wir zum einen erstmal das Bewusstsein schaffen müssen, welches Ziel beziehungsweise welche Strategie mit den KPIs verfolgt werden sollen. Das ist wirklich die erste Frage, die sich Innovationsverantwortliche hier stellen müssen. Denn KPIs, die die Strategie nicht unterstützen, die das eigentlich näher bringen die Strategie durch- oder umzusetzen, sind auch nicht zielführend. Zum anderen ist es auch wichtig sich auf die wichtigsten vielleicht zu KPIs zu beschränken, die mehr aussagen können, als wenn ich mir zwanzig verschiedene Metriken anschaue. Also hier ist wirklich auch der Fokus sehr wichtig.

Sebastian Metzner: Ist denn weniger dann mehr?

Kristin Schrepper: Weniger kann mehr sein, wenn die KPIs wirklich richtig ausgewählt sind. Hier ist es eben auch enorm wichtig, dass die KPIs nicht einfach nur übernommen werden, also nicht einfach von einem Blogartikel oder aus einem schlauen Buch übernommen werden, sondern wirklich für das Unternehmen auf die jeweilige Strategie individuell abgestimmt werden.

Sebastian Metzner: Und wie finden Innovationsverantwortliche die richtigen KPIs, wenn du sagst, es ist ein sehr individueller Ansatz, einen passenden zu finden ist sehr wichtig? Wie finden Unternehmen die?

Kristin Schrepper: Es ist erstmal wichtig, sich elementare Fragen zu stellen. Die sollte man dann auch ehrlich beantworten. Das ist der erste Schritt. Also was ist mein Ziel? Warum ist das Ziel auch wichtig, für mich, für das Unternehmen? Wie kann ich den Fortschritt messen? Wie kann ich das Ergebnis beeinflussen? Wer ist verantwortlich für das Ergebnis? Und letztendlich, wie stelle ich fest, dass dieses Ziel erreicht ist? Das sind Fragen über die muss ich mir erstmal klarwerden, dann kann ich Informationen und Daten im Unternehmen sammeln und identifizieren. Das hilft mir zum einen schon mal realistische Ziele festzulegen. Zum anderen bringt das aber vielleicht auch schon mal mögliche Ideen für KPIs auf. Dann gehe ich als nächsten Schritt konkret in die Zieldefinition und verknüpfe das Ziel mit meiner Strategie. Wie schon gesagt, die KPI muss auf die Strategie einzahlen. Die KPIs müssen sich mit Unternehmens- und Innovationszielen abgleichen lassen. Danach kann man dann die KPIs identifizieren. Allgemein gültige KPIs gibt es nicht, das muss wirklich jedes Unternehmen für sich herausfinden und festlegen. Wenn ich die KPIs einmal definiert habe, dann kann ich auch die personellen Ressourcen und die klaren Zuständigkeiten für die einzelnen KPIs verteilen. Denn es wird definitiv Zeit brauchen diese KPIs regelmäßig zu prüfen, zu analysieren und Maßnahmen vorzuschlagen. Drumherum muss dann natürlich auch noch das Ganze dokumentiert und reported kommuniziert werden.

Peter von Aspern: Das heißt im Grunde ja, dass im Umgang mit KPIs das Erheben der KPIs selbst den kleinsten Aufwand verursacht. Und tatsächlich dieses Vor- und Nachbereiten dieser KPIs eigentlich die entscheidenden Punkte sind. Du hast es ja so schön gesagt, dass eben KPIs Indikatoren sind und kein Selbstzweck sind. Ich habe oft das Gefühl, dass Unternehmen diesen ersten Schritt, den du eben genannt hast, ein bisschen überspringen. Dass die einfach auf KPIs zurückgreifen, die irgendwo aufgeschnappt wurden oder von bekannten, befreundeten Unternehmen kennt. Aber mit dem Punkt, dass KPIs hoch individuell sind und auf die eigene Strategie einzahlen sollten, hast du einen ganz wichtigen Punkt rausgegriffen. Den ich unbedingt nochmal ansprechen wollte. Welchen Aspekt ich auch noch ganz spannend fand, ist, dass eben tatsächlich auch ein KPI System absolut ja auch beinhalten kann, dass man sagt, dass gewisse Lernziele messbar gemacht werden, damit eben durchaus diese Fehlerkultur Covern können. Ich glaube, das ist so ein vermeintlicher Grundwiderspruch, der wahrscheinlich auch mal ganz schnell als Gegenargument, gegen das Einführen von KPIs, vorgebracht wird, das KPIs und Innovation gar nicht zusammengehen. Aber das hast du gerade sehr schön erklärt, dass es diesen Widerspruch gar nicht gibt. Das finde ich eine ganz faszinierende Erkenntnis.

Learning Ratio versus klassische KPIs

Kristin Schrepper: Wenn wir uns auch mal KPIs in Start-ups anschauen, dann unterscheiden die sich auch von den klassischen KPIs, die man in größeren Konzernen findet. Man spricht bei Start-ups zum Beispiel von der Learning Ratio. Das ist eine Lernquote, die angibt, wie schnell das Team lernt. Ein Beispiel wäre, wenn das Team im letzten Quartal vier Experimente durchgeführt hat, aber nur ein Experiment davon erfolgreich war, dann beträgt die Lernquote eins zu vier, also quasi 25 Prozent. Oder auch die Experiment Velocity, die Experiment Geschwindigkeit, die gibt an, wie schnell das Team in der Lage ist Experimente durchzuführen.

Kristin Schrepper: Wenn wir uns auch mal KPIs in Startups anschauen, unterscheiden die sich auch von den klassischen KPIs, die man in größeren Konzernen findet. Man spricht bei Startups zum Beispiel von der Learning Ratio, also einer Lernquote, die angibt, wie schnell das Team lernt. Ein Beispiel wäre: Wenn das Team im letzten Quartal vier Experimente durchgeführt hat, aber nur ein Experiment davon erfolgreich war, beträgt die Lernquote eins zu vier, also quasi 25 Prozent. Oder auch die Experiment Velocity, die Experimentgeschwindigkeit. Die gibt an, wie schnell das Team in der Lage ist Experimente durchzuführen. Wenn wir davon ausgehen, dass vielleicht ein Experiment alle zwei Wochen stattfinden kann, das geht dann einher mit den typischen Sprints, ein Sprint ist ja oftmals zwei Wochen lang, dann können sechs Experimente pro Quartal ausgeführt werden. Diese Rate sagt uns dann eben, wie schnell die Ausführungsgeschwindigkeit des Teams ist.

Peter von Aspern: Das kommt mir absolut bekannt vor. Das sind ja auch ein bisschen KPIs aus der Softwarewelt. Das ist ein spannender Inside. Dass man tatsächlich mit solchen Methoden auch das Lernen ein Stück weit messbar machen kann. Du hast eben schon angedeutet, dass es neben diesem Ansatz, der aus der agilen Welt kommt, noch weitere, eher klassische, Modelle gibt, wie man typischer Weise KIPs aufsetzen kann.

Der Mittelweg zwischen komplett qualitativen und komplett quantitativen Methoden und KPIs

Kristin Schrepper: Genau, da gibt es auch noch eine Reihe klassischer Methoden. Allen voran steht vielleicht die Smartmethode. Das kennt wahrscheinlich jeder im Zusammenhang mit Zielen, also smarten Zielen. Sie müssen spezifisch, messbar, erreichbar, aber auch realistisch und terminierbar sein. Wenn mein Ziel, beziehungsweise mein KPI, all diese Kriterien erfüllt, dann gilt es eigentlich als gutes KPI mit dem ich nachher auch wirklich gut arbeiten kann. Vor allem aus der Unternehmensberatung kenne ich noch die KPI trees, also KPI Bäume. Das ist eigentlich eine sehr leistungsfähige Methode, um Beziehungen zwischen den vielen operativen Variablen und dem finanziellen Endergebnis zu visualisieren. Beispielsweise könnte ich dann die Beziehung zwischen der Kundenzufriedenheit und dem Unternehmensumsatz mit den ganzen operativen Zwischenschritten, zum Beispiel der Anzahl der positiven Produktbewertungen, der Wiederkaufs- und Reklamationsrate, herleiten. So kann ich mit dieser Methode auch zu einem gewissen Grad messen, wie sich abstrakte Einflussfaktoren, vielleicht sogar qualitative Faktoren, wie die Kundenzufriedenheit, auf den Umsatz auswirken. Das finde ich eine sehr schöne Methode, um einen Mittelweg zwischen komplett qualitativen und komplett quantitativen Methoden und KPIs zu finden.

Peter von Aspern: Absolut. Ich fand auch schon im Vorgespräch den Punkt besonders interessant. Christoph Käse war ja mal für den Axel-Springer-Verlag im Silicon Valley und hat auch ein Buch geschrieben mit dem Titel "Silicon Valley". Er hat auch mal gesagt, dass Disruptoren, wenn sie die Wertschöpfungsketten für Unternehmen betrachten, sich immer genau anschauen, wo die größte Wertschöpfung passiert und gleichzeitig die Kunden aber am unzufriedensten sind. Sie schauen, was in so einer klassischen Wertschöpfungskette total nervt. Ein Taxi ist vielleicht ein abgegriffenes Beispiel, aber da ist beispielsweise, bevor es mytaxi gab, der Bestellprozess von Taxen extrem nervig gewesen. Wenn man in einer fremden Stadt ist, musste man herausfinden, wer das lokale Taxiunternehmen ist, musste die Nummer herausfinden, anrufen und in der Warteschleife herumhängen. Das war alles total blöd. Trotzdem war dieser Taxifunk, heißt es ja auch, die quasi diese Taxifahrten vermitteln, ein ganz wesentlicher Teil der Wertschöpfungskette und genau da ist ja dann mytaxi reingegangen. Ich fand es deshalb so interessant, weil so ein KPI tree einem selbst die neuralgischen Punkte im eigenen Geschäftsmodell sehr schön aufzeigen kann. Es kann mir zeigen, wo ich selbst meine größte Wertschöpfung erziele und wo meine Kunden am unzufriedensten sind. Das wäre auch jeden Fall ein guter Grund da mal näher hinzugucken, um sich auch ein Stück weit selbst vor Disruption zu schützen.

Kristin Schrepper: Das stimmt. Es ist auch jeden Fall eine tolle Methode, um vielleicht auch sehr offensichtliche Aspekte nochmal zu hinterfragen. Du gehst immer einen Schritt tiefer, bis du nicht mehr weiterkommst und letztendlich bei einem KPI landest, der die abstrakten, vorherigen Schritte wirklich messbar macht. Es ist von daher eine wirklich tolle Methode, um sich selbst zu hinterfragen.

Was ist die Balanced Innovationcard?

Sebastian Metzner: Du hattest erzählt, dass es die Balanced Innovationcard gibt. Die Balanced Scorecard ist etwas, was fast jedem geläufig ist. Kannst du vielleicht dazu nochmal etwas sagen? Was ist die Balanced Innovationcard?

Kristin Schrepper: Während die Balanced Scorecard die Strategieimplementierung und die Erreichung der Innovationsziele unterstützt, unterstützt die Balanced Innovationcard das Innovationsmanagement und betrachtet es vor allem ganzheitlich. Im Grundmodell werden dabei die Innovationskultur, die Innovationsressourcen, die Prozesse und der Innovationsoutput betrachtet. Hier ist auch wieder wichtig, dass zuerst diese vier Perspektiven mit strategischen Zielen verknüpft werden. Ich muss vielleicht noch dazu sagen, dass die verschiedenen Perspektiven auch für jedes Unternehmen nochmal angepasst werden können. Wir sprechen hier gerade also wirklich nur über das Grundmodell. Aus der Unternehmensstrategie werden dann direkt die strategischen Ziele für diese vier Perspektiven abgeleitet und dann mit Kennzahlen hinterlegt. Hier steht eigentlich der ganzheitliche Aspekt des Innovationsmanagements im Vordergrund. Schön finde ich, dass hier gerade Aspekte wie Innovationskultur schon miteinbezogen werden. Schwierig finde ich es nur, wenn man ein KPI für Innovationskultur mit der Anzahl der Ideen pro Monat hinterlegt. Da wird es für mich wirklich schwierig. Auch hier muss sinnvoll vorgegangen werden, damit ich auch wirklich die richtigen KPIs finde und nicht in diesen Vanity Metrics, so werden die auch genannt, haften bleibe.

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Messbarkeitsillusionen, das negative Beispiel Vanity Metrics und der positive Gegenpart Actionable Metrics

Welche klassischen Nachteile sollten beim Messen unbedingt vermieden werden?

Sebastian Metzner: Das ist eine sehr gute Überleitung. Nachmessen bringt natürlich auch immer ein Stück weit Nachteile und Dinge, die man eigentlich vermeiden sollte, mit sich. Du hast gerade schon die Vanity Metrics angesprochen. Was sind denn die klassischen Nachteile, die ich beim Messen unbedingt vermeiden sollte?

Kristin Schrepper: Ein Aspekt, ich habe es vorhin schon kurz angesprochen, ist diese Messbarkeitsillusion. Wie aussagekräftig und nützlich sind Kennzahlen für qualitative Aspekte? Ein Beispiel ist die Rolle des Designs in der Produktentwicklung. Ich denke wir sind uns hierzulande alle einig, dass gutes Design wirklich wichtig für den Erfolg eines Produktes am Markt wichtig ist. Aber wie kann ich Design eigentlich sinnvoll messen? Das funktioniert nicht. Ich kann nicht in Zahlen ausdrücken, welchen Beitrag mein Design zum Erfolg leistet. Trotzdem sehen wir ja, dass alle Unternehmen daran festhalten, weil sie wissen, dass es einen qualitativen Unterschied macht. Nicht ohne Grund kopieren asiatische Elektronikhersteller das Design von Apple. Es kommt einfach bei den Kunden gut an. Es gibt dann aber noch einen weiteren Nachteil des Messens. Es können hierbei falsche Anreize gesetzt werden. Wenn ich meinem Team sage: "Ihr müsst im Monat 15 neue Ideen entwickeln.", wird mein Team das natürlich machen. Die Bewerteten, die Gemessenen, setzen natürlich alles daran das Ziel zu erreichen. Es sagt aber nichts darüber aus, ob diese Ideen auch wirklich qualitativ gut sind. Es sagt auch nichts darüber aus, ob diese 15 Ideen am Markt platziert werden können, oder vielleicht nachher in die Schublade wandern. Von daher muss man wirklich die Unterscheidung treffen, ob es nicht mehr Sinn macht, mehr auf Qualität, anstatt auf Quantität zu achten. Drei sehr gute Ideen bringen mich weiter als 15 sehr schlechte Ideen. Das Ganze dann eventuell auch noch verknüpft mit Boni, also Leistungen im Innovationsmanagement, kann dann noch mehr diese falschen Anreize schaffen. Dass ich wirklich alles daran setze, meinen Bonus zu bekommen, die Qualität meiner Arbeit aber im Endeffekt für das Erreichen der KPIs vernachlässige.

Peter von Aspern: Wie kann man dann so etwas vermeiden? Man kennt es ja aus der Finanzwelt, Stichwort Finanzkrise. Da gab es im Vorfeld auch viele Banken, die mit KPIs gearbeitet haben, zum Beispiel Wells Fargo. Das ist eine sehr große Bank aus den USA, die in der Finanzkriese eine Rolle gespielt hat. Die hatten eine Strategie, die hieß: "Eight is great.". Da ging es darum, dass jeder Bankmitarbeiter das KPI hatte jedem Kunden acht Produkte von Wells Fargo zu verkaufen. Das hat dazu geführt, dass man als Mitarbeiter versucht hat, diese KPIs zu erfüllen und es hat damit geendet, dass Millionen von real nicht existenten Konten eröffnet worden sind. Die Bankmitarbeiter haben da eigenmächtig Kundengelder hin- und hergeschoben. Die Bank war immerhin so schlau in der KPI zu berücksichtigen, dass die Konten auch aktiv sein müssen. Das hat natürlich zu krassem Fehlverhalten geführt. Die Bank leidet heute noch darunter und hat sich davon nicht mehr erholt. Das ging sozusagen komplett in die falsche Richtung, weil die KPIs offensichtlich nicht klug definiert worden sind. Wie könnte man das denn besser machen, um nicht auch in so eine Falle zu tappen, dass KPIs quasi blind erfüllt werden, das eigentlich Ziel aber trotzdem nicht erreicht wird?

Kristin Schrepper: Ich greife nochmal den Begriff Vanity Metrics auf. Das habe ich ja als negatives Beispiel aufgeführt. Der positive Gegenpart sind Actionable Metrics. Das sind Begriffe, die stammen von Eric Reese, der hat sich 2011 mit der Lean-Startup-Methode einen Namen gemacht. Es sind Begriffe, die aus der Welt der Startups kommen. Vanity Metrics sind zum einen Metriken, die sehen auf dem Papier erstmal sehr schön aus. Mit denen kann man Eindruck machen. Sie geben aber keinen Aufschluss über die Leistung des Unternehmens, oder zukünftige Strategien. Sie bilden einfach nur den aktuellen Stand ab und geben dir überhaupt keinen Hinweis, welche Entscheidungen und Maßnahmen du ergreifen kannst. Im Innovationsmanagement können das so reine KPIs, wie Profitabilität, oder die Rendite, oder, wie eben schon angesprochen, die Anzahl der Ideen, sein. Das kann auch die Anzahl der Patente, oder auch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, sein. Diese blanken Zahlen bilden nur den Status quo ab und sagen nichts darüber aus, welche Maßnahmen du ergreifen solltest. Demgegenüber stehen dann eben diese Actionable Metrics. Die bereiten Entscheidungen vor und tragen dann auch wirklich zum Erfolg und zum Wachstum bei, da man aus ihnen direkt Maßnahmen ableiten kann. Daher sind sie eben umsetzungsorientiert und beschreiben Relationen. Das ist genau der Knackpunkt. Sie sind nicht nur eine Zahl, sondern sie beschreiben Relationen vom Input zum Output. Daher sind sie aussagekräftiger und in Maßnahmen konkret umsetzbar.

Peter von Aspern: Also eher vorwärtsgerichtet und bei diesen Vanity Metrics klang das eher rückwärtsbetrachtet. Bei den Vanity Metrics guckst du in die Vergangenheit und bei den Actionable Metrics, so klingt es auch, guckt man eher nach vorne. Kann man das so sagen?

Kristin Schrepper: Ja, genau. Durch die Relation, die gebildet wird, schreibst du eher eine Entwicklung fort und kannst Maßnahmen ableiten. Dadurch kannst du mehr in die Zukunft schauen und diese besser interpretieren. Ein Beispiel für einen Actionable Metric wäre R&D to product conversion. Das heißt die Forschungs- und Entwicklungsausgaben im Verhältnis zum Umsatz mit neuen Produkten. Die Metrik zeigt hier ganz gut die Effizienz auf, mit der sich Forschungs- und Entwicklungsausgaben im Umsatz mit neuen Produkten ausdrücken. Das klingt kompliziert, wenn man sie dann anwendet, hat sie aber wirklich sehr viel gehaltvolle Aussagen. Aber auch die klassische Return on Innovation Rate führt hierzu auch rein. Return on Innovation meint ja die Einnahmen, die durch Innovation entstehen, im Verhältnis zu den Innovationsausgaben. Hier muss man aber auch beachten, dass die Investitionen in Innovation sich häufig auch erst Jahre später auszahlen. Hier muss man als Innovationsverantwortlicher sehr transparent und vorsichtig schauen, über welche Jahre hinweg man die Innovationsausgaben, beziehungsweise auch die Einnahmen, verrechnet. Es gibt aber noch weitere Actionable Metrics im Innovationsmanagement, wie zum Beispiel die Innovationsrate, die ich auf zwei verschiedene Art errechnen kann. Zum einen mit dem Umsatzanteil der Innovationen durch den Gesamtumsatz meines Unternehmens, oder auch die Anzahl der Innovationen durch die Gesamtanzahl meiner Produkte im Unternehmen. Das ist auch nochmal eine ganz gute Aussage darüber, wo ich eigentlich stehe. Wir haben vorhin ja auch schon welche aus der Startup Welt angesprochen; Learning Ratio, Experiment Velocity. Das sind ja auch nochmal Actionable Metrics, mit denen ich wirklich arbeiten kann, die wirklich Aussagen über zukünftige Entscheidungen und Strategien treffen können.

Peter von Aspern: Diese Korrelation der Kennzahlen zeigt ja auch schon, dass man ein System von KPIs braucht und diese blanken Zahlen, zum Beispiel Return on Innovation, viel zu kurz greifen, weil sie auch viel zu wenig Informationen enthalten.
Kristin Schrepper: Genau. Statt jetzt nur Metriken, wie den ROI, der für viele Unternehmen viel zu kurz greifen würde, oder auch zu komplexe Actionable Metrics, die vielleicht gar nicht auf meine Strategie eingehen, zu übernehmen, gehen wir doch nochmal einen Schritt zurück und werfen nochmal die Frage auf, was das eigentlich Ziel ist, was ich mit meinen KPIs verfolgen möchte. Auf welche Strategie des Unternehmens und meiner Innovationsabteilung sollen die KPIs denn einzahlen? Ein Beispiel wären wachstumsfördernde Innovationsstrategien, die ich entwickeln möchte. Ich nehme mir das für die nächsten Jahre vor. Da könnte ich dann regelmäßig KPIs, die den Anteil des Umsatzes, der für Innovation, oder auch für die Erschließung neuer Märkte ausgegeben wird, betrachten. Hier ist es auch eine Relation aus Input und Output. Der Umsatz ist dabei natürlich dann der Output. Oder auch der relative Anstieg des Marktanteils. Das sind zwei Metriken, zwei KPIs, die man sich für dieses Beispiel anschauen könnte. Möchte ich vielleicht nur meine Ideengenerierung professionalisieren, wenn ich zum Beispiel merke, dass alles noch ein bisschen chaotisch und durcheinanderläuft und ich es einfach mal strukturieren möchte, könnte ich den Durchschnitt neuer Ideen pro Mitarbeiter, die bestimmte Bewertungen erfüllen, messen. Es geht dann nicht nur um die reine Anzahl neuer Ideen, sondern nur um Ideen, die im Endeffekt schon ein Qualitätscheck bestanden haben.

Peter von Aspern: Und dann könnte man mit deiner Methode, dem KPI tree, den du vorhin auch schon vorgestellt hattest, noch weiter reingehen und sagen: "Okay, welche Faktoren beeinflussen das jetzt eigentlich?". Das wären als Beispiel die neuen Ideen pro Mitarbeiter. Dann könnte ich jetzt auch sagen: "Wie häufig loggen sich Mitarbeiter eigentlich in unsere Ideenmanagement Plattform ein? Wie kann ich das irgendwie steigern? Wovon hängt das eigentlich ab?". Dann gehe ich damit immer weiter rein und finde diese Wirkhebel. Das sind dann sozusagen auch nochmal diese wirklichen Actionable Metrics, von denen du eben schon gesprochen hattest. Kann man das so sagen?

Kristin Schrepper: Genau. Ich sollte wirklich, auch, wenn ich den KPI tree anwende, auf qualitativ hochwertige KPIs und nicht nur auf reine Zahlen setzen. Ich sollte versuchen es in Relationen auszudrücken, oder einen Checkpoint einzubauen, damit die Qualität zwischendurch überprüft wird. Ebenso, wie beim Durchschnitt der neuen Ideen pro Mitarbeiter, wo aber nur Ideen zählen, die bestimmte Kriterien erfüllen. Hier gehen die Ideen, die hinterher in die Schublade kommen, nicht mit ein, sondern wirklich nur die Ideen, die mir als Unternehmen weiterhelfen. Die Qualität der KPIs muss ich immer beachten, auch bei der Erstellung von KPI trees. Das heißt ich messe nicht nur, wenn es um die Professionalisierung der Ideengenerierung geht, wie viele Mitarbeiter sich pro Tag einloggen, sondern ich messe dann auch, was die Mitarbeiter auf der Plattform machen. Werden wirklich neue Ideen eingestellt? Werden Ideen gelesen, kommentiert und bewertet? Das könnten dann eher wieder brauchbare KPIs sein, die qualitativ hochwertig sind. Einfach nur zu messen wie viele Mitarbeiter sich pro Tag einloggen macht weniger Sinn.

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Wer sind die richtigen Stakeholder für die Definition von KPIs?

Von Zielen zu KPIs

Sebastian Metzner: Das ist ja ein relativ komplexes Unterfangen. Wir sind jetzt verschiedene Varianten durchgegangen. Ich frage mich gerade, wer, neben den Innovationsverantwortlichen, die richtigen Stakeholder im Prozess sind, um KPIs von den Zielen, wie du es vorhin definiert hast, festzulegen?

Kristin Schrepper: Die wichtigsten Stakeholder für die Innovationsverantwortlichen sind die Teammitglieder. Das sind wirklich die Leute, die mit einbezogen werden sollten. Die müssen sich nachher dafür verantwortlich fühlen und müssen mit den KPIs arbeiten. Sie müssen diese natürlich überwachen, aber auch darauf einzahlen. Also die Mitarbeiter sollten wirklich mit ins Boot genommen werden. Zum Abgleich mit der Unternehmensstrategie empfiehlt es sich dann aber natürlich auch das höhere Management mit reinzunehmen, oder zumindest die KPIs abzugleichen und darzulegen, was damit erreicht werden soll und wie später Maßnahmen auf den Innovationserfolg einzahlen können.

Sebastian Metzner: Peter du hast gerade das schöne Wort Innovationsmanagement benutzt. Ich frage mich, wie Innovationsverantwortliche diese KPIs denn insgesamt monitoren sollen. Gibt es auf der Softwareebene eine Empfehlung, die du aussprechen kannst, Christine? Oder ist das etwas, was man, wie du es gerade gesagt hast, im ersten Schritt erstmal wirklich vielleicht auf einem Whiteboard festhalten sollte? Was denkst du ist der erste Schritt den ein Unternehmen dabei machen sollte?

Kristin Schrepper: Im ersten Schritt würde ich es wirklich so einfach wie möglich halten, vielleicht das Ganze klassisch in Excel festhalten. Für zwei bis drei KPIs lohnt sich noch kein Software Tool, was ich installiere, Lizenzen bezahlen muss und so weiter. Erstmal vorsichtig rantasten, Erfahrungen sammeln und am Anfang nicht den ganz großen Aufriss machen.

Peter von Aspern: Christine, wenn wir jetzt nach unserer kleinen Reise durch die Welt der KPIs, versuchen wollen das Ganze herunterzubrechen auf die Essentials, die für Innovationsmanager:innen relevant sein könnten, wenn sie sich jetzt professionell mit dem Thema KPI beschäftigen wollen, was würdest du denen mit auf den Weg geben? Was sind die wichtigsten Punkte, die wir aus der heutigen Folge nochmal hervorheben wollen?

Kristin Schrepper: Zum einen, dass KPIs sinnvolle Sachen sind. Bitte nicht abgeschreckt sein durch die teilweise sehr abstrakten Begrifflichkeiten, die wir heute besprochen haben. Wichtig ist aber wirklich, dass sich jeder bewusst macht, dass die KPIs auf ein Ziel und eine Strategie einzahlen müssen und als Anzeichen für zukünftige Entwicklungen betrachtet werden sollen. Wenn ich mir das bewusstmache, dann verlieren KPIs sehr viel an diesem ganzen Abstrakten, was wir heute diskutiert haben. Zuerst sollte man sich hinsetzen und die Hausaufgaben machen. Was ist das Ziel, was ist die Strategie und welche zwei, drei KPIs zahlen wirklich darauf ein? Im nächsten Schritt kann man dann überlegen, was die qualitativen Aspekte sind, die ich nicht messen kann und was mich dabei unterstützen kann auch die qualitativen Aussagen in meinen Prozess einfließen zu lassen. Häufig haben ja Innovationsverantwortliche auch Angst, dass das ganze Messen und die Zahlen die Innovationsaktivitäten und vor allem die Kreativität stören. Da würde ich aber jeden beruhigen. Innovation ist ja eine strukturierte und kanalisierte Kreativität und dabei hilft eine gesunde Anzahl an KPIs und Messwerten diese Innovationsaktivitäten zu unterstützen. Die Mitarbeiter sollten ermutigt werden in dem System mitzuwirken, die Innovationsverantwortung auf sich zu übertragen, darüber nachzudenken und im Endeffekt sollte den Mitarbeitern die Verantwortung übertragen werden neue Wege zu finden, Dinge zu tun und damit dann eben auf die KPIs positiv einzuwirken. Zu guter Letzt sollte man immer im Kopf behalten, dass die KPIs qualitativ hochwertig sein und im besten Fall Actionable Metrics darstellen sollten. Sie sollten nicht nur reine Zahlen darstellen, die nur den Status quo abbilden.

Sebastian Metzner: Super. Vielen, lieben Dank Christine für die Einblicke und die Einschätzung rund um das sehr komplexe Thema "Innovations-KPIs". Ich glaube das ist auf jeden Fall noch viel Gesprächsstoff für weitere Folgen, wo wir vielleicht auch nochmal mehr Praxisbeispiel besprechen und näher reingehen können. Das spielt für Innovationsverantwortliche dann in der Umsetzungsphase eine große Rolle.

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